Die Rohrbacher Siedlung – Ihre Entstehung und Werdegang

1944 - Die Rohrbacher Waldsiedlung am Tummelplatz
1944 – Die Rohrbacher Waldsiedlung am Tummelplatz

Das Jahr 1935 mit der Rückgliederung des Saargebietes an das deutsche Reich war auch gleichzeitig das Schicksalsjahr der Siedlergemeinschaft Rohrbach.

So gab es für manche Familie einen kleinen Lichtblick mit der Möglichkeit,  ein kleines Haus im Grünen und folglich ein wenig Eigentum zu bilden. War doch die Arbeitslosigkeit in Rekordhöhe gestiegen.

Die Planung und der Kahlschlag auf dem „steilen Berg“, einer Gemarkung der Gemeinde Rohrbach  war der Anlass, dass man 44 Familien von Rohrbach aussuchte, die man für die Maßnahme „Waldsiedlung am Tummelplatz“ vorgesehen hatte. Der damalige Ortsgruppenleiter und spätere Bürgermeister Andreas Badar war für die Einhaltung von Vorschriften der Gesellschaft “ Reichsheimstätte Westmark“ verantwortlich. Jeder der vorgesehenen Bewerber musste eine amtsärztliche Untersuchung über sich und seine Familie ergehen lassen, ob er gesund  und ohne Erbkrankheiten ist. Ebenso musste die arische Abstammung nachgewiesen werden. Die Kandidaten mussten den Nachweis von 750 Reichsmark Eigenkapital, ein Arbeitgeberdarlehen von 750 Reichsmark sowie die Verpflichtung von 1200 Stunden Eigenleistung erbringen. Dieses zusammen sollte die Eignung zum Siedler voraussetzen. So hatte man die Möglichkeit, kinderreiche und andere minderbemittelte Familien in die Siedlung einzubringen.

1996 Festschrift 60 Jahre Siedlergemeinschaft-2

1996 Festschrift 60 Jahre Siedlergemeinschaft-3

Am 1. Mai 1936 war es dann soweit. Der erste Spatenstich zur Rohrbacher Siedlung mit Wohnraum für 44 Rohrbacher Familien wurde vollbracht. Von nun an ging alles sehr schnell. Jeder Bewerber, der sich jetzt Siedler nannte, musste Tag für Tag erscheinen (bei Wind und Wetter) und wurde zur Arbeit eingeteilt. Da keiner der Siedler wusste, welches Haus für ihn vorgesehen war, war es nicht schwer einen reibungslosen Arbeitsablauf zu gewährleisten.

Josef Pfeifer (Vater von Julius und Guido Pfeifer) ist der 1. Obmann der Siedler. Er ist für den Bauabschnitt verantwortlich
Josef Pfeifer (Vater von Julius und Guido Pfeifer) ist der 1. Obmann der Siedler. Er ist für den Bauabschnitt verantwortlich
Herbst 1937 - Die Häuser des heutigen Fichtenweges im Rohbau (Foto: Willi Hardeck)
Herbst 1937 – Die Häuser des heutigen Fichtenweges im Rohbau (Foto: Willi Hardeck)
1937 - Schafe weiden auf der neugeschaffenen Siedlung (Foto: Willi Hardeck)
1937 – Schafe weiden auf der neugeschaffenen Siedlung (Foto: Willi Hardeck)

Im Herbst 1936 konnte man nun das Geschaffene bewundern. 1937 brachte nun die Vollendung der Häuser und im Sommermonat August konnten die ersten Siedlerfamilien einziehen. Die erste Familie, die in ihr neugeschaffenes Eigenheim einzog war die Familie Max Wolf. Sie hatten es eilig, weil sich das 10. Kind der Familie angekündigt hatte. So erblickte Sohn Adolf am 1. September 1937 als erster neuer Erdenbürger der Siedlung, das Licht der Welt. Nach und nach zogen dann die anderen Familien ein. Die Häuser wurden durch Losentscheid zugeteilt. Jeder Siedler bekam im Spätherbst 1937 eine Ziege, ein Schwein und 5 Hühner zur Eigenversorgung.

Die Familie Max Wolf sind die ersten Bewohner der Siedlung. Unsere Aufnahme aus dem Jahre 1967, anlässlich der Goldenen Hochzeit des Ehepaares, zeigt stehend von links die Söhne Adolf (1. Erdenbürger der Siedlung), Otto, Heinrich, Josef, Valentin und Richard. Sitzend von links: Tochter Klara, Maria, Max und Tochter Henriette Wolf. Auf dem Foto fehlt Sohn Hans, der 1959 nach Australien auswandert
Die Familie Max Wolf sind die ersten Bewohner der Siedlung. Unsere Aufnahme aus dem Jahre 1967, anlässlich der Goldenen Hochzeit des Ehepaares, zeigt stehend von links die Söhne Adolf (1. Erdenbürger der Siedlung), Otto, Heinrich, Josef, Valentin und Richard. Sitzend von links: Tochter Klara, Maria, Max und Tochter Henriette Wolf. Auf dem Foto fehlt Sohn Hans, der 1959 nach Australien auswandert
Um 1938 - Blick in den heutigen Ulmenweg
Um 1938 – Blick in den heutigen Ulmenweg
Um 1938 - Fußballspiel auf dem Sportplatz auf der Siedlung
Um 1938 – Fußballspiel auf dem Sportplatz auf der Siedlung

Nachdem alle 44 Familien ihre Eigenheime bezogen hatten, begann nun die Arbeit ums Haus. Die Baumstümpfe mussten ausgegraben werden, das Gartengelände urbar gemacht werden. Das Weihnachtsfest 1937 stand vor der Tür. Pünktlich zum Heiligen Abend brannte zum ersten Mal das elektrische Licht. Vorher musste man mit Petroleumlampen vorlieb nehmen.

1. Mai 1938 - Errichtung eines Maibaumes auf der Siedlung. Auf dem Baum Jakob Barth und seine Tochter Erna
1. Mai 1938 – Errichtung eines Maibaumes auf der Siedlung. Auf dem Baum Jakob Barth und seine Tochter Erna
1941 - Auf dem Foto vorne von links: Josef, Gerhard und Emma Hegi. Hinten links Mutter Bertha Hegi und eine Frau aus Berlin, die auf Besuch ist
1941 – Auf dem Foto vorne von links: Josef, Gerhard und Emma Hegi. Hinten links Mutter Bertha Hegi und eine Frau aus Berlin, die auf Besuch ist

Alles hätte so schön sein können, hätten nicht die Wirren des 2.Weltkrieges auch Unglück über die Rohrbacher Siedlung gebracht. Viele kinderreiche Familien wurden in das Innere von Deutschland evakuiert. Väter und Söhne wurden eingezogen um für das Vaterland zu kämpfen. So mancher kehrte nicht mehr zu seiner Familie zurück. Einige Häuser wurden durch Granaten sehr schwer beschädigt und zum Wohnen unbrauchbar. Direkt hinter der Siedlung lag ein großes Munitionsdepot, das häufiger von den Bombern der Alliierten angegriffen wurde.

Um 1949 - Der kleine Alois Lesch beim Geißenhüten auf der Siedlung
Um 1949 – Der kleine Alois Lesch beim Geißenhüten auf der Siedlung

Kleinbauern auf der Siedlung-4

Das lang ersehnte Kriegsende 1945 war der Neubeginn der Siedler. Sie konnten ihre Schäden an den Häusern reparieren. Anfang der 50er Jahre versuchten dann wieder Interessenten, zu Baumöglichkeiten auf der Siedlung zu kommen.Denn Wohnraum war überall knapp. Viele Verhandlungen mit Bürgermeister Jakob Oberhauser, der Landesregierung in Saarbrücken, den Herren der Staatlichen Vermögensverwaltungsgesellschaft, sowie dem neu gegründeten Deutschen Landesverband Saar, machten es möglich, 1952 in Rohrbach eine Neu-Siedlergemeinschaft zu gründen, nach dem Vorbild ihrer Väter. Söhne und Schwiegersöhne waren bereit,  in die Fußstapfen ihrer Väter zu treten. Die Gründungsversammlung wurde Alt-Siedlerobmann Josef Pfeifer und dem ehemaligen Kreisvorsitzenden Johann Müller zur Einberufung übertragen. Aus den Reihen von 22 Baulustigen wurde Richard Pfeifer zum neuen 1. Vorsitzenden gewählt.

1953 - Der 1. Bauabschnitt nach dem Krieg. Die Häuser in der Sportplatzstraße vor der TG Turnhalle werden gebaut
1953 – Der 1. Bauabschnitt nach dem Krieg. Die Häuser in der Sportplatzstraße vor der TG Turnhalle werden gebaut

1953 wurde der Vorsitzende Richard Pfeifer von Dorfpolizist Valentin Schulz abgelöst, der das Amt nach Beendigung des 1. Bauabschnittes an Karl Kaiser weitergab. Karl Kaiser führte das Amt von 1953 bis 1956, ihm folgte Willi Stolz von 1956 bis 1963, Jakob Hauck von 1963 bis 1967, Jakob Wendel von 1967 bis 1968, Felix Peters von 1968 bis 1970. Dann folgte wieder Karl Kaiser, der das Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1984 begleitete. Von März 1984 bis zum März 1994 wurde die Siedlergemeinschaft von Gerd Kienberger geleitet.

In den Jahren 1954  bis 1976 erfolgten die Bauabschnitte 2 bis 10. Insgesamt entstanden in diesen Jahren 62 neue Häuser.

Eine Luftaufnahme der Siedlung um das Jahr 1960
Eine Luftaufnahme der Siedlung um das Jahr 1960

1967 löste sich die Alt-Siedergemeinschaft auf. Fortan gab es nur noch die Siedlergemeinschaft. Bereits ein Jahr zuvor gründete man eine Fußball-Hobbymannschaft, die Siedler-Kameraden-Mannschaft (SKM).

1. Mai 1967 - Die Junggesellenmannschaft der Siedlergemeinschaft. Unsere Aufnahme zeigt stehend von links: Alexander Schweitzer, Hans-Werner Schweitzer, Manfred Dillbaum, Peter Hollinger, Manfred Lindemann, Luitpold Jung, Dieter Schweitzer, Helmut Huy. Kniend von links: Alfred Schweitzer, Josef Weber und Alois Lesch
1. Mai 1967 – Die Junggesellenmannschaft der Siedlergemeinschaft. Unsere Aufnahme zeigt stehend von links: Alexander Schweitzer, Hans-Werner Schweitzer, Manfred Dillbaum, Peter Hollinger, Manfred Lindemann, Luitpold Jung, Dieter Schweitzer, Helmut Huy. Kniend von links: Alfred Schweitzer, Josef Weber und Alois Lesch
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976-Erster Bauabschnitt
Alte Siedlungshäuser im Jahr 1976-Erster Bauabschnitt
Vierter Bauabschnitt im Jahr 1976
Vierter Bauabschnitt im Jahr 1976

Mit dem 10. Bauabschnitt endete die Bauphase der Siedlergemeinschaft. Von den neugebauten 62 Häusern wurden 61 auf Grundstücken der Gemeinde Rohrbach gebaut, 1 Siedlerhaus wurde auf eigenem Grundstück errichtet. Bedingt durch die Gebiets- und Verwaltungsreform 1974 gehörte Rohrbach nun zur Mittelstadt St.Ingbert. Die Grundstückspreise stiegen enorm, sodass der Bau neuer Siedlungshäuser zum Erliegen kam.

1986 feiert man das 50 jährige Bestehen der Siedlung. Drei Bewohnerinnen der ersten Stunde sind Johanna Huy, Magdalena Knob und Berta Müller
1986 feiert man das 50 jährige Bestehen der Siedlung. Drei Bewohnerinnen der ersten Stunde sind Johanna Huy, Magdalena Knob und Berta Müller
1986 - Beim Festakt in der Aula der Johannesschule anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Siedlergemeinschaft Rohrbach werden die Frauen der ersten Stunde geehrt. Unsere Aufnahme zeigt von links: 1. Vorsitzender SG Rohrbach Gerd Kienberger, 1. Vorsitzender des Landesverbandes Saar Josef Weinmann, Maria Schweitzer, Magdalena Knob, Maria Barth, Anna Jung, Johanna Huy, Anna Weber, Berta Müller, Rosel Hammann, Katharina Zeiger und Martha Dillbaum
1986 – Beim Festakt in der Aula der Johannesschule anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Siedlergemeinschaft Rohrbach werden die Frauen der ersten Stunde geehrt. Unsere Aufnahme zeigt von links: 1. Vorsitzender SG Rohrbach Gerd Kienberger, 1. Vorsitzender des Landesverbandes Saar Josef Weinmann, Maria Schweitzer, Magdalena Knob, Maria Barth, Anna Jung, Johanna Huy, Anna Weber, Berta Müller, Rosel Hammann, Katharina Zeiger und Martha Dillbaum

Die Bautätigkeit endete, nicht aber das Vereinsleben. Denn die Siedlergemeinschaft verstand sich schon immer als eine große Familie und Solidargemeinschaft. Feste, Fahrten, Veranstaltungen und Infoabende wurden organisiert.

Am 25. Juli 1987 fand das erste Siedler-Sommerfest auf dem Anwesen von Adolf Wolf statt. Von 1988 bis 1998 auf dem Grundstück von Willi Huy.

Tolle Stimmung beim Siedler-Sommerfest
Tolle Stimmung beim Siedler-Sommerfest
1. Mai 1992 - Aufstellen des Maibaums auf der Siedlung
1. Mai 1992 – Aufstellen des Maibaums auf der Siedlung

Anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Siedlergemeinschaft trafen sich die Kinder der ersten 44 Siedlerfamilien beim Siedlerfest.

2012 - Luftaufnahme der gesamten Rohrbacher Siedlung mit allen Bauabschnitten (Foto: Martin Staut)
2012 – Luftaufnahme der gesamten Rohrbacher Siedlung mit allen Bauabschnitten (Foto: Martin Staut)

Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Dieter Müller, Adolf Wolf, Luitpold Jung, Martin Staut und Albert Senzig.

8 Antworten zu „Die Rohrbacher Siedlung – Ihre Entstehung und Werdegang”.

  1. Hallo Karl
    interessant zu lesen den Werdegang der Rohrbacher Siedlung, wo auch ich ein Teil meiner Kindheit verbrachte.
    besonders freut mich das Bild mit meiner Oma und Ihrer Kuh
    (hat mir schon in Deinem Buch gefallen)

    Mach weiter so

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  2. Hallo Karl!
    Habe Deinen neuesten Beitrag zu dem Kapitel
    Rohrbacher Siedlung mit aktuellen Fotos gesehen.
    Sehr interessant finde ich die bildliche Dokumentierung
    der Siedlung von ihrer Entstehung bis heute.
    Wieder eine großartige Leistung, mach weiter so!
    Gruß Günter Jung

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  3. Hallo Karl,

    Dieser Artikel hat mich tief berührt. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Siedlung, hatte aber keine Ahnung wie sie ursprünglich geplant wurde und welche Voraussetzungen und Kriterien bestimmt waren, um das Privileg zu erhalten, ein Hauseigentümer zu werden. Es ist ein sehr wichtiger und interessanter Teil der Rohrbacher Geschichte. Ich war ganz besonders fasziniert darüber, weil ich ja zur Schule ging mit einiger der Mädchen, die dort lebten. Es ist sehr schön zu sehen, dass auch heute immer noch der dortige Gemeinschaftssinn existiert.
    Fantastische Arbeit, Karl!

    Else Bens
    Ottawa, Canada

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  4. Ich kann nur saan: eenfach gudd!

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  5. Ein super gelungener Bericht über die Siedlung. Wir als Bliesmenger-Bolcher haben unsere Siedlung aus der gleichen Zeit. Zwar alles etwas Kleiner als die Rohrbacher Siedlung, aber mit dem gleichen Werdegang. Kompliment an den Erfasser, der alles toll zusammengetragen und aufgearbeitet hat. Wir hier an der Grenze sagen dazu:
    „Chapeau“.

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  6. Auch die Grubensiedlung in St.Ingbert wurde zur gleichen Zeit nach dem selben Schema gebaut

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  7. Hi Karl! Wieder eine super Leistung! Kommt die Buchenstraße auch noch dabei oder war das der gesamte Eintrag von der Siedlung?
    Ich komme nämlich auch von der Siedlung und zwar aus der Buchenstr!

    Gruß Andreas

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  8. Das Bild “ 4. Bauabschnitt im Jahr 1976″ zeigt mein Elternhaus im Pappelweg. Die Frau am Zaun ist meine Oma Leonie „Leni“ Hollinger geb. Roschlock.

    Wie sich im Laufe der nachfolgenden Jahrzehnte weiterhin das Haus verändert hat…

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