
Das Jahr 1935 mit der Rückgliederung des Saargebietes an das deutsche Reich war auch gleichzeitig das Schicksalsjahr der Siedlergemeinschaft Rohrbach.
So gab es für manche Familie einen kleinen Lichtblick mit der Möglichkeit, ein kleines Haus im Grünen und folglich ein wenig Eigentum zu bilden. War doch die Arbeitslosigkeit in Rekordhöhe gestiegen.
Die Planung und der Kahlschlag auf dem „steilen Berg“, einer Gemarkung der Gemeinde Rohrbach war der Anlass, dass man 44 Familien von Rohrbach aussuchte, die man für die Maßnahme „Waldsiedlung am Tummelplatz“ vorgesehen hatte. Der damalige Ortsgruppenleiter und spätere Bürgermeister Andreas Badar war für die Einhaltung von Vorschriften der Gesellschaft “ Reichsheimstätte Westmark“ verantwortlich. Jeder der vorgesehenen Bewerber musste eine amtsärztliche Untersuchung über sich und seine Familie ergehen lassen, ob er gesund und ohne Erbkrankheiten ist. Ebenso musste die arische Abstammung nachgewiesen werden. Die Kandidaten mussten den Nachweis von 750 Reichsmark Eigenkapital, ein Arbeitgeberdarlehen von 750 Reichsmark sowie die Verpflichtung von 1200 Stunden Eigenleistung erbringen. Dieses zusammen sollte die Eignung zum Siedler voraussetzen. So hatte man die Möglichkeit, kinderreiche und andere minderbemittelte Familien in die Siedlung einzubringen.
Am 1. Mai 1936 war es dann soweit. Der erste Spatenstich zur Rohrbacher Siedlung mit Wohnraum für 44 Rohrbacher Familien wurde vollbracht. Von nun an ging alles sehr schnell. Jeder Bewerber, der sich jetzt Siedler nannte, musste Tag für Tag erscheinen (bei Wind und Wetter) und wurde zur Arbeit eingeteilt. Da keiner der Siedler wusste, welches Haus für ihn vorgesehen war, war es nicht schwer einen reibungslosen Arbeitsablauf zu gewährleisten.



Im Herbst 1936 konnte man nun das Geschaffene bewundern. 1937 brachte nun die Vollendung der Häuser und im Sommermonat August konnten die ersten Siedlerfamilien einziehen. Die erste Familie, die in ihr neugeschaffenes Eigenheim einzog war die Familie Max Wolf. Sie hatten es eilig, weil sich das 10. Kind der Familie angekündigt hatte. So erblickte Sohn Adolf am 1. September 1937 als erster neuer Erdenbürger der Siedlung, das Licht der Welt. Nach und nach zogen dann die anderen Familien ein. Die Häuser wurden durch Losentscheid zugeteilt. Jeder Siedler bekam im Spätherbst 1937 eine Ziege, ein Schwein und 5 Hühner zur Eigenversorgung.



Nachdem alle 44 Familien ihre Eigenheime bezogen hatten, begann nun die Arbeit ums Haus. Die Baumstümpfe mussten ausgegraben werden, das Gartengelände urbar gemacht werden. Das Weihnachtsfest 1937 stand vor der Tür. Pünktlich zum Heiligen Abend brannte zum ersten Mal das elektrische Licht. Vorher musste man mit Petroleumlampen vorlieb nehmen.


Alles hätte so schön sein können, hätten nicht die Wirren des 2.Weltkrieges auch Unglück über die Rohrbacher Siedlung gebracht. Viele kinderreiche Familien wurden in das Innere von Deutschland evakuiert. Väter und Söhne wurden eingezogen um für das Vaterland zu kämpfen. So mancher kehrte nicht mehr zu seiner Familie zurück. Einige Häuser wurden durch Granaten sehr schwer beschädigt und zum Wohnen unbrauchbar. Direkt hinter der Siedlung lag ein großes Munitionsdepot, das häufiger von den Bombern der Alliierten angegriffen wurde.

Das lang ersehnte Kriegsende 1945 war der Neubeginn der Siedler. Sie konnten ihre Schäden an den Häusern reparieren. Anfang der 50er Jahre versuchten dann wieder Interessenten, zu Baumöglichkeiten auf der Siedlung zu kommen.Denn Wohnraum war überall knapp. Viele Verhandlungen mit Bürgermeister Jakob Oberhauser, der Landesregierung in Saarbrücken, den Herren der Staatlichen Vermögensverwaltungsgesellschaft, sowie dem neu gegründeten Deutschen Landesverband Saar, machten es möglich, 1952 in Rohrbach eine Neu-Siedlergemeinschaft zu gründen, nach dem Vorbild ihrer Väter. Söhne und Schwiegersöhne waren bereit, in die Fußstapfen ihrer Väter zu treten. Die Gründungsversammlung wurde Alt-Siedlerobmann Josef Pfeifer und dem ehemaligen Kreisvorsitzenden Johann Müller zur Einberufung übertragen. Aus den Reihen von 22 Baulustigen wurde Richard Pfeifer zum neuen 1. Vorsitzenden gewählt.

1953 wurde der Vorsitzende Richard Pfeifer von Dorfpolizist Valentin Schulz abgelöst, der das Amt nach Beendigung des 1. Bauabschnittes an Karl Kaiser weitergab. Karl Kaiser führte das Amt von 1953 bis 1956, ihm folgte Willi Stolz von 1956 bis 1963, Jakob Hauck von 1963 bis 1967, Jakob Wendel von 1967 bis 1968, Felix Peters von 1968 bis 1970. Dann folgte wieder Karl Kaiser, der das Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1984 begleitete. Von März 1984 bis zum März 1994 wurde die Siedlergemeinschaft von Gerd Kienberger geleitet.
In den Jahren 1954 bis 1976 erfolgten die Bauabschnitte 2 bis 10. Insgesamt entstanden in diesen Jahren 62 neue Häuser.

1967 löste sich die Alt-Siedergemeinschaft auf. Fortan gab es nur noch die Siedlergemeinschaft. Bereits ein Jahr zuvor gründete man eine Fußball-Hobbymannschaft, die Siedler-Kameraden-Mannschaft (SKM).









Mit dem 10. Bauabschnitt endete die Bauphase der Siedlergemeinschaft. Von den neugebauten 62 Häusern wurden 61 auf Grundstücken der Gemeinde Rohrbach gebaut, 1 Siedlerhaus wurde auf eigenem Grundstück errichtet. Bedingt durch die Gebiets- und Verwaltungsreform 1974 gehörte Rohrbach nun zur Mittelstadt St.Ingbert. Die Grundstückspreise stiegen enorm, sodass der Bau neuer Siedlungshäuser zum Erliegen kam.


Die Bautätigkeit endete, nicht aber das Vereinsleben. Denn die Siedlergemeinschaft verstand sich schon immer als eine große Familie und Solidargemeinschaft. Feste, Fahrten, Veranstaltungen und Infoabende wurden organisiert.
Am 25. Juli 1987 fand das erste Siedler-Sommerfest auf dem Anwesen von Adolf Wolf statt. Von 1988 bis 1998 auf dem Grundstück von Willi Huy.


Anlässlich des 70-jährigen Bestehens der Siedlergemeinschaft trafen sich die Kinder der ersten 44 Siedlerfamilien beim Siedlerfest.

Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Dieter Müller, Adolf Wolf, Luitpold Jung, Martin Staut und Albert Senzig.
Kommentar verfassen