Wenn man sich mit Bekannten unterhält, die die Jahre nach dem 2. Weltkrieg als Erwachsene erlebt haben, ist man mehr als erstaunt, wenn sie von dieser Zeit erzählen. Die Jahre mit großen Entbehrungen und Hunger hatten sie überstanden, die größte Not war vorüber. Man wollte das Leben wieder genießen, soweit dies möglich war.
Insbesondere die Fastnachtstage oder die „Kerb“ waren bestens für Tanzveranstaltungen geeignet. Dies führte wiederum dazu, dass sich überall im Saarland Tanz- und Unterhaltungskapellen bildeten.


Viele Berufsmusiker fanden Beschäftigung z. B. beim Sender Radio Saarbrücken, der bereits im März 1946 auf Sendung ging. In dieser Anfangszeit waren nicht weniger als 86 Musiker dort tätig, das übrige Personal bestand dagegen nur aus rund 100 Mitarbeitern. Da es kaum Schallplatten und noch keine Bandaufnahmen gab, wurde fast ausschließlich Livemusik gesendet, die einzelnen Orchester lösten sich mehrmals am Tage ab.


Überall im Land bildeten sich kleine und größere Kapellen, die vorwiegend aus Amateurmusikern bestanden. Sie spielten vor allem Tanz- und Unterhaltungsmusik, wo immer sich die Gelegenheit bot. Es war ja auch ein kleiner Nebenverdienst, den man in dieser Zeit gut gebrauchen konnte.

Allein im heutigen Stadtgebiet von St. Ingbert waren mehr als ein Dutzend verschiedener Musikkapellen tätig. In Rohrbach mit kaum 5000 Einwohnern war vom Alleinunterhalter über Duos und Trios bis zu größeren Bands alles vertreten.
Die bekannteste Tanzkapelle war die mit bis zu 8 Musikern besetzte „Sonny Boys“, die sich hauptsächlich aus Rohrbacher Musikern zusammensetzte.
Ebenfalls bekannt war die Kapelle “ Die 5 Moskitos“. Sie soll bereits gehobene Tanzmusik gespielt haben und war daher meist überregional tätig. Hier sind noch einige Namen bekannt, wie z.B. Kurt Becker (später Wirt im Keglerheim Wolf), Kunibert Luck (Inhaber des bekannten Musikhauses Louis in Saarbrücken), Erwin Pfeifer (später Inhaber der Fahrschule Pfeifer) und Willi Hausen (Ehemann von Martha Hausen, bekannt als Blumen-Martha).


Trios wie die „Bierkehlchen„, Kapelle Pascha (Deckarm) Max, Henrich Kurt oder Micky Band waren die Favoriten bei kleinen Festen und Veranstaltungen der Vereine.



Über einige Jahre konnte man in St. Ingbert an jedem Wochenende im „Hotel Zur Post“ oder im „Hotel Astoria“ das Tanzbein schwingen. Selbst im Keglerheim in Rohrbach war am Wochenende Gelegenheit zum Tanzen. Für die Jugend hatte Frank Farian mit seiner Band „Die Schatten“ im Gasthaus „Zur Post“ (Glasersch Saal) die Rockmusik populär gemacht. Später betrieb der heute weltbekannte Pop-Produzent in der Bahnhofstraße im Gasthaus „Saint Tropez“ und danach im Gasthaus „Zur Glocke“ (Fritz Erbelding) eine Discothek. Außerdem traten damals auch die bekannten Bands „The Earls“ und „The Snobs“ im Keglerheim Wolf und im Gasthaus „Zur Post“ (Glasersch Saal) auf.


Als sich im Frühjahr 1962 die Tanzkapelle „Sonny Boys“ auflöste, bedeutete dies für die Mitglieder dieser Band nicht das Ende ihres öffentlichen Musizierens. Man wollte einen neuen Klangkörper schaffen, der nicht auf Tanzmusik festgelegt war. Oswald Gehring (in Rohrbach bestens als „de Brigge-Peter bekannt) gelang es schnell, andere Rohrbacher Musiker für dieses Vorhaben zu begeistern.Der damalige katholische Rohrbacher Pfarrer Leo Köller erklärte sich spontan bereit, die neue Kapelle persönlich und über die Pfarrgemeinde zu unterstützen. Die Kellerräume im Jugendheim wurden bereit gestellt für die Proben, aber auch als Aufbewahrungsort für Noten und Instrumente. Man einigte sich auf den Namen „Pfarrorchester“. Der neue Klangkörper sollte sowohl der politischen als auch der Pfarrgemeinde und den örtlichen Vereinen bei festlichen Anlässen zur Verfügung stehen. Dirigent des neuen Orchesters wurde Oswald Gehring (Brigge-Peter). Als Direktor der damaligen Schloßbrauerei in Neunkirchen hatte er den nötigen Einfluss, um für das Gedeihen des jungen Orchesters zu wirken.

Das neue Orchester war bestrebt, möglichst schnell mit öffentlichen Auftritten zu beginnen. Am Fronleichnamstag 1962 ließ man eine alte Tradition aufleben und spielte bei der Reunion nachmittags in der TG Turnhalle zu einem Umtrunk und zur musikalischen Unterhaltung. Die Veranstaltungen des Pfarrorchesters besaßen starke Anziehungskraft, sodaß sich die Pfarrgemeinde wieder öfters und zahlreicher an kirchlichen und weltlichen Festen zusammenfand. In Zusammenarbeit mit dem Kirchenchor St.Johannes wurde für die Rohrbacher Kirmes 1962 eine Messe einstudiert und in einem feierlichen Hochamt aufgeführt. In den Folgenden Jahren führte man ebenfalls mit dem Kirchenchor Operetten, wie z.B. „Heidegretel“ in der TG-Turnhalle auf. Über diese Operettenabende werden wir zu einem späteren Zeitpunkt separat berichten.Im Frühjahr 1965 organisierte das Pfarrorchester den ersten Pfarrfamilienabend in der TG-Turnhalle. Meistens fanden diese in der Faschingszeit statt und waren gewürzt mit Büttenreden, Tanzmusik und musikalischen Bilderdarstellungen verschiedener Themen, wie z.B. „Wilder Westen“ oder die „Die goldenen Zwanziger“.

Großen Zuspruch fanden diese Veranstaltungen. Die TG Turnhalle war jedes Mal bis auf den letzten Platz gefüllt.In den ersten beiden Jahren seines Bestehens wuchs das Pfarrorchester auf 27 Mitglieder. Auch Pfarrer Leo Köller zeigte sein musikalisches Talent und verstärkte die Streicher mit seinem Cello. Ebenso spielte Kaplan Ernst Roth während seiner Zeit in Rohrbach im Orchester an der Querflöte.

Dies war natürlich ein schwerer Schlag für das Orchester. Kurzfristig sprang Pfarrer Leo Köller als Leiter und Dirigent in die Bresche. Im Januar 1968 fand man in Norbert Feibel als musikbegeisterter Lehrer einen würdigen Nachfolger.

Norbert Feibel, ein Vollblutmusiker, wirkte schon in der bekannten Beatgruppe „Frank Farian und die Schatten“ in den 60er Jahren als Keyboarder mit. Der neue Dirigent, der gleichzeitig Organist und Leiter des Kirchenchores St.Johannes war und auch bis zum heutigen Tag ist, legte das Hauptaugenmerk auf gehobene Musik. Im Dezember 1969 fand das erste größere Kirchenkonzert von Orchester und Chor unter der Gesamtleitung von Norbert Feibel statt.

1973 feiert man das 10-jährige Bestehen des Pfarrorchesters mit einem großen Konzert. Mitwirkende waren der Kirchenchor St.Johannes, der Männerchor 1860 Rohrbach und die Bläsergruppe Rohrbach (später Musikverein).




Bis zum heutigen Tag ist das Pfarrorchester eine feste Institution im Kulturleben Rohrbachs. Im
Bis zum heutigen Tag ist das Pfarrorchester eine feste Institution im Kulturleben Rohrbachs. Im kommenden Jahr 2012 feiert man sein 50- jähriges Bestehen.
Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Walter Gehring, Oswald Gehring, Anneliese Wagner, Helma Mayer, Josef Backes, Günter Pfeifer und Norbert Feibel.
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