
Vom „Erbbeständer“ N. Oberhauser, Jahr 1727, bis zu den heutigen Besitzern Meiser-Telus, ein Streifzug durch die Vergangenheit des markanten Bauwerks.
Bedingt durch den Kauf der Rohrbacher Mühle durch das deutsch-polnische Ehepaar Dr. Andreas Meiser und Dr. Magdalena Telus ist das historische Rohrbacher Gebäude in diesen Tagen in aller Munde.
Dank Josef Scholl, Heinz Spies und zuletzt Friedrich Müller konnte vieles über die Vergangenheit der Rohrbacher Mühle in Erfahrung gebracht werden: Ihre Anfänge Mitte des 16. Jahrhunderts, ihr wechselhaftes Schicksal und ihre Besitzer, insbesondere die fünf Generationen Oberhauser, die mehr als hundert Jahre die Mühle geführt haben.
Sehen wir uns in der Vergangenheit um. Am 7. September 1727 kam der erste Namensträger der Oberhauser-Familie mit Vornamen Nicola oder Nikolaus nachweislich nach Rohrbach. An jenem Tag wurde vom Pfalzgrafen Gustav Samuel Leopold von Pfalz-Zweibrücken der Erwerb seiner Mühle genehmigt. Sie wurde ihm in Erbbestand gegeben mit der Verpflichtung, sie vollends aufzubauen und in einen guten Stand zu bringen. Doch er lebte nur noch wenige Jahre. Nach seinem Tod übernahm sein Sohn Nickel Oberhauser das, was entstanden war.

Im Jahr 1743 wurden nach einem Edikt von Herzog Christian IV. alle vorhandenen Mühlen in seinem Herzogtum amtlich erfasst. 1744 kam der herzogliche Sekretär J.F. Marx nach Rohrbach. Über die Rohrbacher Mühle schrieb er: „Die Rohrbacher Mahlmühle wird durch das Rohrbacher und das sogenannte Glashütter Bächlein getrieben; liegt eine Viertelstunde vor Rohrbach, 1 Stunde von der Kirkeler Mühle entfernt. 1 Wasserrad und 1 Mahlgang. Liefert 4 Malter Korn als Pacht und für 4 Hühner 12 Batzen. Kein Bann. Der Erbbeständer ist Nickel Oberhauser.“
Erläutern wir einige Angaben.
Im Text des herzogliche Sekretärs wurden zwei Mühlgräben angesprochen. Der eine führte der Mühle aus dem Glashüttertal das Wasser des Kleberbachs zu, das in einem künstlichen Graben abgeleitet wurde, abgeleitet wurde auch das Wasser des Rohrbachs aus dem Rohrbachtal. Beide Kanäle vereinigten sich vor dem Mühlenanwesen. Das Wasser trieb ein Mühlrad an, das die Energie für einen Mühlgang erzeugte.

Die Mühle hatte damals nicht das Privileg einer Bannmühle, mit der Konsequenz, dass ihr die Mahlkundschaft aus Rohrbach zugeordnet war. Dem war nicht so; es war sogar bei einer Strafe von 10 Gulden verboten, sie aufzusuchen., Man fragt sich, wo der Rohrbacher Müller angesichts solcher Verhältnisse seine Klientel herbekam. Nur wenige wagten wohl die Fahrt zur Mühle vor ihrer „Haustüre“, sie durften sich jedoch nicht erwischen lassen. Möglicherweise lockte der Mühlenbetreiber mit Sonderkonditionen. Müller mit Bannkundschaft durften in der Pfalz den 12. Teil der zu mahlenden Früchte als „Molter“ einbehalten. Dies war der Mahllohn in natura, den der Rohrbacher Müller in dieser Höhe wohl nicht bekam. So konnte es nicht weitergehen.
Am 10. September 1750, wenige Jahre nach dem Besuch des herzoglichen Sekretärs, richtete der Müller ein Schreiben an die Regierung und bat, die Mahlpflicht der Rohrbacher zu seiner Mühle umzulegen. Er sei auch bereit, höhere Abgaben zu entrichten. Der Herzog entsprach dem Gesuch.

Von nun an ging es aufwärts. Die Rohrbacher Bauern waren jetzt feste Kunden der Mühle, sie hatten die festgesetzte Taxe für das Mahlen ihres Getreides zu entrichten. Das berechenbare größere Einkommen ermöglichte Nickel Oberhauser, seinen Mühlenbetrieb um einen weiteren Mahl- und Schälgang zu vergrößern. Außerdem kaufte er ein 6 Morgen großes Stück Ackerland hinzu. Damals wurden sehr wahrscheinlich die Ökonomiegebäude erbaut bzw. erweitert.
Mitte des 18. Jahrhunderts hatte der Mühlenbetrieb also zwei Mühlräder, möglicherweise aber auch schon drei, sofern der Schälgang durch ein eigenes Rad betrieben wurde.
Unter dem neuen Besitzer Lilier fiel ausführliches Licht auf die damaligen Verhältnisse an der Mühle, und zwar im Vollzug eines königl. bayerischen Gesetzes, das für alle Pfälzer Mühlen galt. Eine Kommission stellte in amtlicher Eigenschaft am 13. Juli 1860 bezüglich des Wasserbaus an der Mühle fest: „Der Mühlenbau besteht aus einem Wasserschiffe von 1,48 Meter Breite, aus welchem drei Mühlgerinne von je 0,38 Metern mit Wasser gespeist werden. Unter den drei Mühlgerinnen befinden sich drei oberschlächtige Räder von einer Schaufelbreite von 0,75 Meter und einem Durchmesser von 3,50 Metern“. Das Gefälle beträgt vier Meter.
Daraus geht hervor: Die Wassermühle besaß damals drei – oberschlächtige – Mühlräder.

Lilier verkaufte die Mühle 1869 für 9 000 Gulden an Peter Hauck, von Beruf Müller, der die Mühe selbst als Pächter schon viele Jahre betrieben und überdies als ehrenamtlicher Bürgermeister die Gemeinde Rohrbach energisch geführt hatte. Es ist anzunehmen, dass von ihm angesichts seiner langjährigen Verwurzelung mit dem Mühlenwesen das alte Gebäude neu und in einheitlichem, anspruchsvollem Stil erbaut und um ein Stockwerk erhöht wurde (analog der St. Ingberter Obermühle, Neubau nach J. Scholl 1876 und 1878 mit einem weiteren Stockwerk versehen, was wohl anregend gewirkt hatte). Aber belegbar ist dies nicht.
Um 1883 erwarb die Mühle der Kaufmann Carl Urban Jakob, nach P. Hauck lange Zeit ebenfalls Bürgermeister von Rohrbach, mit dem Beinamen „Posthalters“, daher rührend, dass die Familie viele Jahrzehnte zuvor den Postbetrieb in Rohrbach geleitet hatte. Er erwarb die Mühle zu einem deutlich höheren Preis von 25 714, 29 Mark, was als Indiz gewertet werden kann für den Neubau der Mühle und die damit erfolgte markante Wertsteigerung.

In der Folgezeit machte sich immer stärker ein anderes Problem bemerkbar, angesichts des Umstandes, dass die preußischen Gruben immer mehr Grundwasser aus dem Kleberbachtal abpumpten. Das hatte zur Folge, dass die Wasserzufuhr zur Mühle markant zurückging. Daher entschlossen sich die Gebrüder Jakob, die die Mühle erhielten und selbst führten, zu einer Modernisierung des Mahlwesens, weg von der Wassermühle hin zu einer Walzenmühle, betrieben durch eine Dampfmaschine. Die Genehmigung hierzu wurde am 24. September 1895 erteilt. In einem eigens angebauten Maschinenraum neben dem Durchgang unter dem Gebäude wurde die Dampfmaschine installiert. Die Modernisierung stoppte aber nicht den Niedergang der Mühle. Es fehlte wohl die ausreichende Nachfrage.

Um 1906 wurde der Betrieb endgültig eingestellt. Der Zustand der damaligen Produktionsanlagen ist nicht zu klären: War wirklich vollständig auf Walzenmühle umgestellt worden? Ein modriges Mühlenrad blieb noch bis Anfang des 2. Weltkrieges und länger erhalten, was dafür spricht, dass zumindest noch Teile des alten Produktionsverfahrens erhalten blieben. Augenzeugen berichteten, dass auch noch gelegentlich gemahlen wurde.

Um einer Festsetzung der preußischen Gruben auch im Rohrbachtal vorzubeugen, erwarb die Stadt St. Ingbert 1911 das Mühlenanwesen mit ihrem Gelände zum Preis von 112 500 Mark.




Belegt ist durch Akten aus dem Landesarchiv Saarbrücken, dass sich später in der aufgelassenen Mühle die Feilenhauerei August Reuther mit ihrer Firma niederließ. Die Genehmigungsurkunde datiert vom 17. August 1920. 1939 kam die Seifensiederei Jakob Hooß hierher ( Anmeldung am 6. Dez. 1939). Wie lange die beiden Firmen existierten, ist nicht ermittelbar. Die Kettenfabrik Michely (Aumacher) nutzte die Gebäude von 1946 bis 1957.

Im Jahr 1954 erwarb die Gemeinde Rohrbach die Mühle. Unter Bürgermeister Jakob Oberhauser wurde sie Zug um Zug baulich verändert. Es entstanden zahlreiche Sozialwohnungen. Den Durchgang unter dem Gebäude mauerte man zu, der ehemalige Maschinenanbau wurde abgerissen. Im Wirtschaftstrakt wurden weitere Wohnungen eingerichtet, ein eigener Treppenturm im Hof angebaut; der Mühlenkanal vor der Mühle wurde zugeschüttet, das Wasserrad entfernt.

Auf der folgenden Seite fällt der Blick auf den angebauten Treppenturm. Es muss in diesem Zusammenhang angemerkt werden, dass im damaligen Zeitverständnis ein Mühlenanwesen keinen architektonischen sowie heimatgeschichtlichen Wert besaß. Die Mühlen ringsum wurden respektlos abgerissen. Man muss es der Gemeinde Rohrbach hoch anrechnen, dass sie dieses Schicksal der Rohrbacher Mühle ersparte. Freilich muss zugegeben werden, dass die Hofseite der Mühle durch die Art und Weise, wie der Treppenturm aufgeführt wurde, nicht gerade verschönert wurde.

In den letzten Jahrzehnten fristete die Rohrbacher Mühle ein tristes Dasein. Bis im Mai 2014 das deutsch-polnische Ehepaar Dr. Andreas Meiser und seine Frau Dr. Magdalena Telus das Gebäude von der Stadt St. Ingbert erwarb. Der Zufall spielte eine Rolle. Dr. Andreas Meiser, ein gebürtiger Illinger mit St. Ingberter Wurzeln, entdeckte bei einer Fahrradtour das zum Verkauf anstehende Gebäude.

Das Ehepaar war schon lange auf der Suche nach einem geschichtlichen Gebäude, das es nach seinen Vorstellungen restaurieren wollte. Die Rohrbacher Mühle bot sich dafür an: Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz, es weist eine – belegbare- markante Vergangenheit auf.

Schon seit einem Jahr wird fleißig gearbeitet. Mittlerweile ist das Ehepaar mit den beiden Töchtern in die bereits fertiggestellte Wohnung eingezogen.

Frau Magdalena Telus will in dem Gebäude Büros einrichten, Sprachunterricht anbieten. Ebenso sollen Ausstellungen und Konzerte im Rahmen der deutsch-polnischen Gesellschaft hier stattfinden.
Bei einer Besichtigung am 2. Mai 2015 durch interessierte Bürger und den Rohrbacher Ortsrat sagte Frau. Dr. Telus: Wir haben gemerkt, dass die Rohrbacher an der Mühle hängen; man habe sie mit ihrem Anliegen gut aufgenommen, sie möchten den Menschen hier mit ihren Investitionen an der Mühle auch “etwas zurückgeben“.

Der Rohrbacher Heimatdichter Günter Jung hat über die Rohrbacher Mühle ein Gedicht verfasst.


Am 21. November fand die erste deutsch – polnische kulturelle Veranstaltung in der Rohrbacher Mühle statt. Es gastierte das weltbekannte polnische Jazz-Quintett Piotr Wojtasik. Außerdem nahm der Leiter der St. Ingberter Musikschule Boris Henn mit befreundeten saarländischen Musikern an der Jazz JAM Session teil.


Am 6. Februar luden die neuen Besitzer der Rohrbacher Mühle die Rohrbacher Heimatfreunde zu einem Besuch ein. Auch der ehemalige Bürgermeister der Gemeinde Gersheim und spätere Landrat von Ueckermünde in Mecklenburg Vorpommern Siegfried Wack, war als Gast der Deutsch – Polnischen Gesellschaft anwesend.











Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Friedrich Müller,Manfred Agatter, Günter Weiland, Dr. Magdalena Telus und Dr. Andreas Meiser.
Die Daten zum Aufsatz:
Friedrich Müller, Neue Nachrichten über die Rohrbacher Mühle, in: Saarpfalz. Blätter für Geschichte und Volkskunde (2005/2), S. 5-16
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