
2015 ist ein vielfältiges Gedenkjahr. So sind es nun 80 Jahre her, seit das damalige Saargebiet am 13. Januar 1935 über den Status quo abgestimmt hat, also über die weitere politische Zukunft des Saargebietes. Mit 90,8 % stimmten die Bewohner des Saargebietes für die Rückkehr ins deutsche Reich. In Rohrbach war der Prozentsatz mit 91,7 % sogar noch höher als der Landesdurchschnitt.
Weitere Gedenktage in 2015 sind der 8. Mai 1945 , an dem vor 70 Jahren, der zweite Weltkrieg zu Ende ging und der 23. Oktober 1955 an dem die saarländische Bevölkerung vor 60 Jahren, sich in einer Volksabstimmung für den Anschluss an Deutschland entschied.


Mit Verfügung des Bezirksamtes St. Ingbert vom 03. September wurde nach der Saarabstimmung der Schreinermeister Johann Wagner (Opa des heutigen St. Ingberter Oberbürgermeisters Hans Wagner) Bürgermeister in Rohrbach. Am 22. November 1937 wurde der Volksschullehrer Andreas Badar zum neuen Bürgermeister und Walter Butenschön sowie Friedrich Becker am 22. Dezember zu ehrenamtlichen Beigeordneten berufen.
Schon bald begann die NSDAP damit, die Bevölkerung in Organisationen für die Ideen der politischen Führung zu gewinnen. Dabei konzentrierte man sich primär auf die heranwachsenden Jungen, um sie mit Sport und Geländespielen zu begeistern und so in die politische Organisation („Jungvolk“ und „Hitlerjugend“) zu integrieren. So gab es dann auch in Rohrbach die Pimpfe im „Jungvolk“.







Als in den Jahren 1938 und 1939 vom Reichsarbeitsdienst und der Organisation Todt entlang der deutsch-französischen Grenze ein hunderte Kilometer langes befestigtes Sperrwerk, der Westwall gebaut wurde, wurden dazu aus ganz Deutschland Arbeiter abkommandiert. So kam auch der Arbeiter Oskar Kraus aus Borsch im Bezirk Eisenach nach Rohrbach.
Seine Unterkunft war in der Spieserstraße 22, (vermutlich das Wohnhaus der Familie Hauck). In einem Brief, den er an seine Verlobte schrieb, wurde aber auch die Adolf Hitler Straße 23 (heute Bahnhofstraße) als mögliche Unterkunft erwähnt. Fest steht auf jeden Fall, dass bei dem Besuch seiner Verlobten und späteren Ehefrau, seine Tochter Katharina, die heute im thüringischen Suhl wohnt, gezeugt wurde.


Am 01. September 1939 begann der zweite Weltkrieg, der Tod und Verderben brachte. Weltweit fanden zwischen 60 und 70 Millionen Menschen den Tod. Rohrbach beklagte allein 331 Tote. Bereits wenige Tage nach Kriegsbeginn fand ein 9-jähriger Junge aus der Spieserstraße den Tod, als er von den Trümmern eines abgeschossenen französischen Aufklärungsflugzeuges getroffen wurde.
Lesen hierzu den ausführlichen Bericht über den Flugzeugabsturz auf dieser Webseite “ 1939 Flugzeugabsturz in Rohrbach“.

Zu Kriegsbeginn wurde die Bevölkerung der grenznahen Orte evakuiert und ins damals noch sichere Inland gebracht. Die ,,Rote Zone“ (der Evakuierungsbereich) umfasste eine Fläche von 400 Kilometer Länge und 10 Kilometer Breite von Basel bis Aachen. In unserer engeren Heimat wurden die Bliesdörfer bis einschließlich Hassel evakuiert. Rohrbach lag in der ,,Grünen Zone“ und so wurde die Rohrbacher Bevölkerung nicht evakuiert. Außer einem Handgepäck von 25 Pfund durften die Evakuierten, die mit Lastwagen zu Sammelstellen gefahren wurden, nichts mitnehmen.

Haustiere wie Kühe, Ziegen und Hühner mussten vorläufig in den verwaisten Dörfern der ,,Roten Zone“ zurückbleiben, um dann innerhalb der nächsten Tage ebenfalls ,,evakuiert“ zu werden.“ So wurden die Ziegen aus Hassel und Oberwürzbach zunächst nach Rohrbach und dann weiter nach Spiesen getrieben.








So langsam wurden nun für die Bevölkerung sichere Unterkünfte für evtl. Luftangriffe gebaut. An verschiedenen Ortsteilen entstanden Splittergräben, Stollen und auch Bunker. Am Hohen Wald wurde ein Bunker gebaut, genauso wie auf dem Gelände der Firma Ernst Heckel.
Am Franzosenkopf (Köppchen) in der damaligen Bergstraße 13 (heute Blücherstraße) wurde hinter dem Haus von Nikolaus Luck ein Stollen gegraben, der unter der Christuskirche durchführte und hinter dem Anwesen Hector seinen Ausgang hatte.


Im weiteren Kriegsverlauf musste die Bevölkerung immer öfter die sicheren Unterkünfte vor drohenden Luftangriffen der Alliierten aufsuchen. So blieb nach dem Sirenenwarnton oft nicht mehr viel Zeit, um seine sieben Sachen zu packen um sich mit Kind und Kegel in Sicherheit zu bringen. An geordneten Schulunterricht war in den Jahren 1943 bis Kriegsende 1945 nicht zu denken. Meist fiel der Unterricht aus.
Hinzu kamen fast täglich Meldungen von gefallenen oder verwundeten Soldaten von der Front. Stellvertretend für 331 Rohrbacher Schicksale sollen zwei Fälle gesondert geschildert werden. Hier der Brief des Kompaniechefs an Herrn Otto Quien, in dem er Ihm die traurige Nachricht vom Tod seines 20-jährigen Sohnes Heinrich Quien mitteilt.


Eine Suchanfrage von Frau Edeltrud Jacob (verheiratete Unbehend) nach Ihrem vermissten Bruder Artur Jacob im Jahr 1946 an das Internationale Rote Kreuz in Genf. In dem Antwortschreiben vom 29. August 1946 wird Ihr mitgeteilt, dass Ihr Bruder bereits am 16. September 1945 in englischer Kriegsgefangenschaft gestorben war.


Während des Krieges mussten Freiwillige (auch Frauen) die im Krieg weilenden Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr vertreten.


Das Jahr 1944 war von der Endphase des 2. Weltkrieges geprägt. Im Oktober erreichte die Rote Armee die deutsche Grenze. Am 6. Juni 1944 landeten die Alliierten in der Normandie und überschritten am 11. September die Grenze bei Trier.
In der Zeit vom 10. bis 24. März 1945 lag Rohrbach unter Beschuss der alliierten Kampftruppen. Am 10. März wurden in Rohrbach der Bahnhof, die Firma Ernst Heckel und die Firma Poensgen & Pfahler von Tieffliegern angegriffen. Der Bahnhof wurde schwer beschädigt. Auch das Munitionslager am Hohen Wald wurde bombardiert. In der Nacht vom 14. zum 15. März hatten sich viele Rohrbacher in den Bunkern und Kellern verkrochen. Die ganze Nacht lag Rohrbach unter Dauerbeschuss. Viele Häuser wurden beschädigt.

Hier die deutsche Übersetzung des Einsatzberichtes des amerikanischen Bomberpiloten von der Bombardierung des Munitionsdepots hinter der Rohrbacher Siedlung Richtung Kirkel
Auf der Webseite von Klaus Zimmer http://www.flugzeugabstuerze-saarland.de/html/luftangriffe.html finden Sie ausführliche Berichte über Flugzeugabstürze und Bombardierungen im Saarland während des Zweiten Weltkrieges, auch über das Bombardement des Rohrbacher Munitionsdepots.


Von Rohrbach zogen die amerikanischen Soldaten weiter nach Kirkel, wo Marlene Dietrich für die Soldaten ein Konzert gab.
Marlene Dietrich verließ im April 1930 ihre Heimat Richtung Amerika, um fortan in Hollywood zu arbeiten. Als überzeugte Gegnerin des Nationalsozialismus lehnte Sie jegliche Zusammenarbeit mit dem Reichspropagandaministerium ab, obwohl man ihr eine horrende Summe dafür bot. Ihr letzter Besuch Deutschlands vor dem Krieg fand 1937 statt. Sie beantragte noch im gleichen Jahr die amerikanische Staatsbürgerschaft, die ihr im Sommer 39 gewährt wurde. Sie kam erst 1945 zur Unterhaltung der US-Truppen nach Deutschland zurück.


Der furchtbare 2. Weltkrieg war schließlich am 8. Mai auch offiziell zu Ende.
Die französische Militärregierung übernahm am 29. Juli 1945 die Verwaltung des Saargebietes.
Nach Kriegsende war die Versorgungslage der Bevölkerung äußerst schlecht. Der Kampf um das tägliche Brot bestimmte den Alltag. Zeitweise belief sich die Tagesration auf weniger als 1.000 Kalorien. So suchten die Menschen selbst nach Wegen um die Ernährungssituation zu verbessern. Man ging auf „Hamsterfahrt“. Viele Rohrbacher machten sich auf in den „Gau“ nach Assweiler, Biesingen, Heckendalheim und andere Orte in der näheren Umgebung.
Aber auch entferntere Ziele wie Biberach, Ulm, Ingelheim, Ochsenhausen und Orte im Hunsrück und in der Pfalz wurden angefahren. Um in diese Orte zu gelangen bestieg man den Zug, wo oft nur Plätze auf den Trittbrettern oder auf dem Dach frei waren. Als Tauschmittel dienten oft Ölpressen, Ölsardinen, Bügeleisen, Kohlen, Tabak, Zigaretten, Nägel, Handarbeiten, Bettwäsche, Kuhstriegel und vieles andere. So ist von einem Herrn aus Rohrbach bekannt, dessen Frau sich auf das Nähen von Büstenhaltern spezialisiert hatte, dass er vor Ort immer mit großer Freude Maß nehmen durfte, damit er zuhause seiner Frau die richtige Körbchengröße mitteilen konnte.
Erst gegen Ende der 40er Jahre wurde die Versorgungslage der Bevölkerung langsam besser.

Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung von Katharina Abe, Walter Gehring, Klaus Zimmer, Roland Geiger, Bernhard Bastian, Günter Weiland, Horst Diehl, Heinz Abel, Erich Bender, Franz Unbehend, Heiner Wagner sowie den Rohrbacher Heimatfreunden.
*Quelle: National Archives, College Park, MD, Still Pictures Branch
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