Die Rohrbacher Eislegende – Friedrich Leiner

Der Leiner, der Leiner, was ist denn das für einer. In Rohrbach kennt ihn jedes Kind, alle sind ihm wohlgesinnt“. Mit diesen Versen begann ein fünf-strophiges Gedicht mit denen Gretel Michely den einst bei den Rohrbacher Kindern beliebtesten Bürger der Gemeinde  auf das Treffendste charakterisierte.

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“ Wenn er im Sommer klingelt, ist er im Nu umzingelt, von einer großen Kinderschar. Die kleinsten ihm erzählen, daß sie den Teller leer gegessen, und was tut der Leiner da ? Er schmunzelt, und tut besser messen“.

Friedrich Leiner war zweifelsohne der berühmteste der „Drei Rohrbacher Eisheiligen“. Diese waren „s Hängee Gret“, „de Persil“ und „de Leiner“. Dass der Friedrich Leiner auch noch ein kleiner Schelm war, zeigt eine überlieferte Anekdote. Wenn er auf seiner Verkaufstour durch die Eckstraße war, gab er manchmal den Kindern 5 Pfennige und forderte sie auf,  an die Drehscheibe zu kommen, vor die Metzgerei Keßler (später Mader). Dort bekämen sie von ihm Portionen für 10 Pfennige. Sein Standplatz war dabei direkt gegenüber dem Café Persil. Im Café Persil wurde das Eis nur im Geschäft verkauft. Die Kinder bekamen für ihre 5 Pfennige nun vom Eis Leiner Portionen für 10 Pfennige. Dabei wollte er dem Konkurrenten eine große Kundschaft vorspielen.

Friedrich Leiner beim Eisverkauf in der Spieserstraße (Schlawerie)

Viele Rohrbacher Kinder könnten ihre eigene Geschichte über ihn erzählen, wenn er im Sommer in den verschiedensten Ortsteilen oder bei den Waldfesten am Hohen Wald und beim Heckel in der Au auftauchte und bimmelte. Sofort war er umzingelt, egal mit welchem Gefährt er auftauchte. Es war die Zeit, als es noch keine Eiscafes gab. Eis gab es nur im Straßenverkauf oder bei ihm zuhause in der damaligen Bergstraße 27 (heute Blücherstraße).

Um 1960 in seinem Wohnhaus in der Bergstraße 27 (heute Blücherstraße) beim Eisverkauf an die Gemeinderatsmitglieder Erich Wendel und verdeckt Julius Pfeifer

Um 1960 in seinem Wohnhaus in der Bergstraße 27 (heute Blücherstraße) beim Eisverkauf an das Gemeinderatsmitglied Erich Wendel

Friedrich Leiner wurde am 26. Januar 1892 in Oberauerbach bei Zweibrücken geboren. Nach seiner Schulzeit und Lehre musste er seine berufliche Ausbildung unterbrechen. Er wurde zum Kriegsdienst im 1. Weltkrieg eingezogen und kam zur Ordonnanz beim Divisionsstab. Hier entschied sich schon seine spätere Laufbahn. Er erlernte die ersten Künste und Kniffe eines „Eismännchens comme il faut“.

Friedrich Leiner und seine Frau Anna im Jahre 1970

Nachdem er 1919 aus englischer Gefangenschaft entlassen wurde, erlernte er, wie damals üblich, das Hamstern auf dem Lande. Beim Hamstern war es auch, dass er seine Ehefrau Anna Hardeck kennen lernte. Am 19. Juli 1920 trat Friedrich Leiner mit der gebürtigen Rohrbacherin, deren erster Mann Franz Hardeck im Krieg gefallen war und die bereits 2 Kinder hatte, in Rohrbach in der Johanneskirche vor den Traualtar. In der Bergstraße 27 (heute Blücherstraße) bauten sich die Eheleute ein Eigenheim.

Um 1930 hat Friedrich Leiner schon einen eigenen PKW

Friedrich Leiner als Eisverkäufer und privat:

Friedrich Leiner hier beim Eisverkauf auf dem Geistkircherhof um 1930

Sogar mit dem Pferd ist er unterwegs

Um 1936 Friedrich Leiner an der Drehscheibe beim Eisverkauf

Immer umringt von Kindern und Erwachsenen ist Friedrich Leiner, mit seiner Frau hier vor ihrem Haus in der Bergstraße 27 (heute Blücherstraße)

Friedrich Leiner in der Hasseler Straße

1943 Während des 2. Weltkrieges fungiert Friedrich Leiner als Hilfspolizist der Stadt St. Ingbert

1949 Beim Heckel Waldfest in der Au

Anfang der 50er Jahre am Fenster seines Kiosks in der Bahnhofstraße in Rohrbach, wo heute die Einmündung “ In den Königswiesen“ ist. Hier verkaufte er Süßigkeiten, Getränke und Eis.

Mit diesem dreirädrigen Motorrad war Friedrich Leiner in den 50er Jahren in Rohrbach unterwegs. Hier vertritt sein Sohn Paul ihn als Eismann.

1953 Friedrich Leiner bei der Erstkommunion seines Stiefenkels Werner Hardeck. Auf dem Foto von links: Anna und Friedrich Leiner, Elisabeth und Werner Hardeck, Walter Hien und Franz Hardeck.

Friedrich Leiner, vorne links am Tisch, in froher Runde mit bekannten Gesichtern

In den 50er Jahren in der Spieserstraße (Schlawerie) vor dem Friseurladen Leopold Jung. Bürgermeister Jakob Oberhauser wird von Friedrich Leiner bedient.

Um 1956 Friedrich Leiner mit seinem Dreirad unterwegs

Friedrich Leiner mit seiner Frau Anna in froher Runde. Rechts am Tisch Bäckermeister Jakob Wolf

1963 Jetzt ist Friedrich Leiner schon mit einem Auto unterwegs (Renault R4) hier in der Wolfsgrubstraße

Friedrich Leiner tanzt mit Wilma Wolf beim Maskenball im Keglerheim Wolf

1965 Friedrich Leiner in der Austraße

1966 Bei der Einweihung des neuen Rohrbacher Rathauses. Auf dem Foto von links: Jakob Luck, Friedrich Leiner, Egon Fisch und Kunibert Luck

1970 Bürgermeister Walter Bettinger gratuliert Anna und Friedrich Leiner zur Goldenen Hochzeit

Bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1954 arbeitete Friedrich Leiner bei der Firma Dingler & Karcher als Maschinenschlosser. Schon damals betrieb er  den Verkauf von Speiseeis als Nebenbeschäftigung. Friedrich Leiner war von 1964 bis 1968 Mitglied der CDU-Gemeinderatsfraktion Rohrbach.

Er verstarb am 10. Februar 1971 im Alter von 79 Jahren.

Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung der Rohrbacher Heimatfreunde, Claus-Dieter Hardeck und Stephan Schweitzer.

8 Antworten zu „Die Rohrbacher Eislegende – Friedrich Leiner”.

  1. Super recherchiert, schöne Erinnerungen an eine unbeschwerte Zeit ohne überbordende bürokratische Hindernisse.

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  2. Schöne Erinnerungen ans “ Eismännche“ . Diese Art Eis zu verkaufen gibt es nicht mehr so oft.

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  3. „Das „Eismännchen“ war mir schon im Alter von 5 Jahren bekannt. Wunderschöne Erinnerung an ihn. Er war ein sehr guter Mensch.  Wenn jemand kein Geld hatte, um ihn zu bezahlen, hat er einfach das Eis umsonst gegeben. So etwas findet man heutzutage nicht mehr. Karl, es ist eine super Sache, diesen Mann auf deiner Website auf ein Podest zu stellen.“ 

    Else Bens – Ottawa (Canada)

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  4. Ja, ich erinnere mich – ich glaub es war eine Glocke und später mit dem R4 ein elektrisches Schrillen – wenn er in die „Kolonie“ der Mühlstrasse eingefahren ist. Die Kinder sind dann alle zu den Eltern gelaufen und 3 Minuten später war „der Leiner“ von uns Kindern umringt…

    Michael Knorr

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  5. Avatar von Joachim Neuheisel
    Joachim Neuheisel

    Hallo Karl. Toller Artikel über den Eisleiner. Ich erinnere mich noch in den 50er Jahren gab es eine Frau, die ebenfalls Eis verkauft hat. Es Eisgret. Gibt es da irgendwelche Infos über diese Frau? L.G Joachim

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  6. Avatar von Wolfgang Gschwendtner
    Wolfgang Gschwendtner

    Hallo lieber Karl,

    an das Eismännchen erinnere ich mich als ob es gestern gewesen wäre. Mitte der Fünfziger kam er Sonntag Nachmittags so ab ca. 14:00 Uhr auf den Hochrech. Ich bin nicht sicher ob er damals schon motorisiert war. Wie auch immer ich durfte für alle das Eis für den Nachtisch bei ihm kaufen. Die Eisbällchen, so 10 bis 20 Bällchen portionierte er in eine von mir mitgebrachte Glasschüssel. Zuhause wurden die für jeden manchmal mit Obst garniert als Nachtisch auf kleinen Tellern serviert. Das war sehr bequem.

    Dieser Bringservice gehört wohl zur guten alten Zeit.

    Vielen Dank für diese Erinnerung an meine Kindheit.

    Liebe Grüße

    Wolfgang

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  7. Danke, an ihn erinnere ich mich immer wieder gerne.

    Das Eis Bällje  kostete in meiner Zeit 10 Pfennig und bei 3 Kindern, nur einem Verdienst, war ein Eis selten.

    Manchmal gab es sogar ein Geschenk Eis vom Leiner.

    Herzlichen Dank für ihr Tun und die schönen Erinnerungen.

    LG Sonja Hauhser

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  8. Avatar von Waltraud Lindemann
    Waltraud Lindemann

    Hallo Karl, da kommen Erinnerungen hoch, ich war damals 9 Jahre, als der Eis Leiner gestorben ist.

    Ich war öfter Eis kaufen in seinem Haus. Das Eis war so gut und die doppelten Eistütcher (rechts und links eine Kugel Eis), einfach lecker.

    Waltraud Lindenann

    geb. Jacob (Tivoli)

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