Von der Luitpoldslust zum Keglerheim und wieder zurück – Geschichte einer Rohrbacher Traditionsgaststätte

Eines der ältesten und traditionsreichsten Gasthäuser in Rohrbach ist das Gasthaus „Luitpoldslust“ in der unteren Kaiserstraße, im „Unnerdorf“. Gebaut wurde die Gaststätte wahrscheinlich um 1880.

Im Jahre 1904 kaufte der Maler Ludwig Fuß die beliebte Ausflugs-Gaststätte mit der hölzernen Veranda. Seinem Namen als Wirt machte er allerdings zeitlebens keine Ehre. Mit Alkohol hatte er nicht viel am Hut. Das Trinken überließ er lieber seinen Gästen, wie sich sein mittlerweile verstorbener Enkel Werner Fuß erinnerte.

Ludwig Fuß und seine zweite Frau Barbara

Seine zweite Frau, Barbara geb. Baumann, die er 1914 heiratete, von allen nur „Bas Kätl“ genannt, brachte die Gastwirtschaft zum Florieren. Sie war immer lustig, unterhielt die Gäste und war zudem noch eine hervorragende Köchin. Das führte dazu, dass nicht nur die Leute vom Unnerdorf und der Kolonie (heutige Mühlstraße) das Wirtshaus besuchten, sondern auch Gäste von den anderen Ortsteilen zu Besuch kamen. „Am Johannesfest (Gehannsdaa), der Kirmes, an Fastnacht, an Fronleichnam und den Festen der Bergleute war immer die Hölle los“, erinnerte sich Werner Fuß, der Enkel von Ludwig Fuß. „Viele Vereine wie der Schützenverein und vor allen Dingen die Kegler füllten die Gaststätte mit Leben“.

1928 Eine Tanzkapelle spielt zur Unterhaltung und zum Tanz

Berühmt waren vor allen Dingen die Fastnachtsveranstaltungen der Unnerdörfer und der Leute von der Kolonie. Die waren immer für Späße zu haben, dort war es immer lustig.

Ludwig Fuß ließ in weiser Voraussicht seine drei Buben Musikinstrumente erlernen. So baute er systematisch ein eigenes kleines Unterhaltungskonzept auf. Am Wochenende hatten dann die Söhne für Stimmung in der Wirtschaft zu sorgen. Im großen Biergarten draußen unter den Kastanienbäumen spielte bei kirchlichen Festen aber eine Blaskapelle.

Als Ludwig Fuß 1937 in den verdienten Ruhestand trat, verpachtete er die Wirtschaft an seine Tochter Maria und deren Mann Heinrich Wagner. Die beiden setzten die Tradition des Hauses, musikalische Untermalung des Aufenthaltes fort. Selbst während des Krieges wurde in der Gaststätte musiziert. Da in Rohrbach zu dieser Zeit viele Soldaten untergebracht waren, wurde im Biergarten eine Feldküche errichtet.

1948 Am Johannesfest war sogar der saarländische Ministerpräsident Johannes Hoffmann (JoHo) anwesend

1948 Der Rohrbacher Bürgermeister Jakob Oberhauser begrüßt in der Gartenwirtschaft den Ministerpräsidenten und zahlreiche Einheimische

1948 Der Ministerpräsident Johannes Hoffmann inmitten des Volkes

Eine neue Ära in der Geschichte des Gasthauses begann 1950 als Maria Wagner mit ihrem Mann Heinrich das Gasthaus an den Rohrbacher Bierverleger Friedrich Wolf und dessen Söhne Erwin und Heinz verkaufte. Die Gastwirtschaft wurde zunächst an den Hasseler Kurt Becker verpachtet. 1952 wurde die Gastwirtschaft bis zum Kellergeschoss komplett abgerissen und danach zweistöckig wiederaufgebaut. Auch 4 Fremdenzimmern wurden hinzugefügt. Nach dem Wiederaufbau führte Kurt Becker zunächst das Gasthaus weiter, ehe dann 1954 die Familie Wolf die Führung des Gasthauses selbst übernahm. Aus der Luitpoldslust wurde nun das „Keglerheim Wolf“. Die erfolgreichen Traditionen des Hauses – Kegeln und Tanzmusik an den Wochenenden – wurden beibehalten. Das Keglerheim Wolf war fortan eine Hochburg der Tanzbegeisterten. Vor allen Dingen bei Haus- und Kirmesbällen war das Haus brechend voll. Die Gebrüder Wolf, Heinz und Erwin führten gemeinsam mit ihren Familien die Wirtschaft im Wechsel. Als Bedienung und gute Seele des Hauses wurde „Knecht’s Anna“ engagiert.

Um 1952 Die „Rumba Band“ des Hauses spielte zum Tanz. Von links nach rechts: Günter Gleisberg, Clemens Schiel und Heinz Wolf, am Schlagzeug Werner Fuß

Um 1953 Der Kegelclub „Oms Hoor“ vor der Kegelbahn des Hauses im Hof der Gastwirtschaft

Viele bekannte Gesichter

Blick in die Gaststätte. Hinter dem Tresen Heinz Wolf, am Zapfhahn sein Bruder Erwin und der Vater Friedrich Wolf. Davor mit weißer Schürze die Bedienung „Knecht’s Anna“

Auch Kleinkunst wurde geboten. Feuerschlucker gab es im Lokal. Da staunt sogar der Mann am Klavier, der frühere Wirt Kurt Becker

Um 1955 Eine Postkarte des Keglerheims Wolf

Der Kegelclub Gut Holz vor einer Vereinsfahrt. Im Hintergrund die Kegelbahn des Keglerheims.

Irmgard (Irmsche) und Heinz Wolf in vollem Einsatz bei einem Fastnachtsball

Der Kegelclub Gut Holz bei einer Trinkpause. Vorne mit den Kegeln der Kegelaufsetzer Otmar Heintz.

In den 60er-Jahren gab es vermehrt sonntags nachmittags Veranstaltungen für die Jugend. Tanzveranstaltungen mit damals bekannten Beatbands standen fast jeden Sonntag auf dem Programm.

1964 Die “DRWD Combo” (später The Earls) spielte im Keglerheim Wolf beim Teenagerball. Von links nach rechts: Robert Linz, Hans-Werner Latz, Frank Farian, der in der Zeit von 1964-1967 in Rohrbach im Gasthaus Zur Glocke (ehemalige Bäckerei Jakobs) eine Discothek betrieb, Dieter Klöckner und Dieter Konrad.

1964 Preistanzen beim Teenagerball im Keglerheim Wolf

1965 Die Kandidatinnen zur Wahl “Miss Rohrbach” im Keglerheim Wolf

Um 1965 Das Kegelerheim Wolf

1967 Der Ring der Tanz- und Wanderfreunde mit ihrem Vorsitzenden Hans-Joachim Stumpf in der Mitte bei einer Fastnachtsveranstaltung

1974 erwarb der Unternehmer Helmut Thielen von der Familie Wolf das gesamte Anwesen. Er baute die Gaststätte um, ließ die alten Bäume fällen und den Biergarten zubetonieren. Das Gasthaus wurde nun unter dem Namen „Keglerheim Thielen“ verpachtet.

Der neue Wirt Jürgen Höllinger übernahm mit seiner Frau Gerti nun das Gasthaus. Vorne am Tresen der neue Besitzer Helmut Thielen.

2003 kauften Gabi und Luitpold Heib das Haus und gaben ihm nach dem Vornamen des Wirtes seinen ursprünglichen Namen wieder. Der Rohrbacher Künstler Peter Schmieden gestaltete die ehemalige Kegelbahn um, zu seinem Atelier.

Seit einigen Jahren ist die Gaststätte nun im Besitz der Familie Kayser.

Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung der Rohrbacher Heimatfreunde, Anita Schulz, Christa Schaum, Horst Diehl und Stefan Kayser.

9 Antworten zu „Von der Luitpoldslust zum Keglerheim und wieder zurück – Geschichte einer Rohrbacher Traditionsgaststätte”.

  1. Hallo Herr Abel,
    vielen Dank für diesen schönen Bericht, er war sehr interessant.

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  2. ein sehr schöner Beitrag aus der alten Heimat. Einiges war schon nicht mehr in meinem Gedächtnis. Da merke ich doch wie sehr ich noch in Rohrbach verwurzelt bin. Rückblickend war es doch eine schöne Zeit. (wenn auch ein bisschen Idealist)
    Danke Karl, mach weiter so
    Liebe Grüße aus der Pfalz Ilse Rohe (Persil)

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  3. Klasse Bericht

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  4. Avatar von Herbert Jakobs
    Herbert Jakobs

    Sehr gut gemacht Gruß. Herbert und Annerose Jakobs

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  5. Obwohl das Keglerheim nicht unbedingt zu den von mir aufgesuchten Gaststätten gehörte ist die Geschichte über die Gaststätte sehr interessant. Ein Stück Heimat in meiner Erinnerung. Danke Karl für den Beitrag. Gruß Franz Hussong

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  6. Ein sehr schöner Bericht

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  7. Lieber Karl. Wie immer wieder ein Genuss Deine Artikel zu Rohrbach Nostalgie zu lesen. Durch Dich bin und bleibe ich mit meiner Heimat verbunden. Herzlichen Dank. Gruß aus Heppenheim. Renate

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  8. Avatar von Margarete Haselmaier
    Margarete Haselmaier

    Hallo Karl, Dein Bericht hat mich sehr gefreut. Dazu noch zwei Bemerkungen. Erstens zur Tanzkapelle: der Mann am Klavier ist mein Vater, Richard Fuß, der Mann am Schlagzeug sein Bruder Paul. Laut Rohrbacher Heimatbuch war der Kauf der Gaststätte von meinem Großvater 1904, das wäre für mich auch logischer, denn seine Frau Barbara Abel ist 1908 gestorben. Er wäre also beim Kauf 1910 ein Witwer gewesen, mit kleinen Kindern. Deshalb glaube ich eher an das Datum 1904. Wir können leider niemanden mehr fragen. Der neue Wirt hat erfreulicherweise zwei große Bildtafeln aus alter Zeit im Gasthaus aufgehängt. Also vielen Dank für deinen Beitrag und lieben Gruß Margret Haselmaier, geborene Fuß.

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  9. Hallo Karl,

    Zwei Weltkriege, Besitzerwechsel und schlechte Zeiten ließen die Stimmung der Restaurantbesitzer nicht sinken; Sie taten alles, um treue tanzliebende und hungrige Gäste immer wieder zurückzubringen.
    Diese Geschichte ist wirklich lesenswert. Man wird nicht enttäuscht sein. Weiter so Karl!
    Grüsse aus Ottawa, Kanada
    Else

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