Das Gasthaus „Zur Post“ in den 60er Jahren
1985 wurde es abgerissen und musste einem neuen Geschäfts- und Wohnhaus weichen.
Zu den ältesten urkundlich nachweisbaren Anwesen in der oberen Kaiserstraße in Rohrbach gehörte unter anderem auch das Gasthaus „Zur Post“. Auf dem Türstein des alten Hauses stand die Jahreszahl 1792. Als man den Türeingang des Nebenbaues erweiterte, wurde der Türstein entfernt und nicht mehr an diesem Haus verwendet. Ursprünglich stand an dieser Stelle nur ein langes zweistöckiges Haus, das den Eheleuten Johann Peter und Anna Barbara Abel, geb. Bohnert gehörte. Das Anwesen stand von der heutigen Kaiserstraße so weit zurück, wie wir es noch am „Nebengebäude“ (dem eigentlichen Altbau) sehen können. Laut Urkunde vom 19. August 1839 wurde das Anwesen dem Sohn Jakob Abel und dessen Ehefrau Kunigunde geb. Schuh übertragen.

Wörtlich heißt es in der Urkunde: „…. und ist verblieben nach 32 Übergeboten den Mitrequirierten Jacob Abel und dessen Ehefrau Kunigunde Schuh mit solidarischer Verbindlichkeit um die Summe von 1370 Gulden“.

Bald nach der Übernahme wurde ein Teil des Wohnhauses in ein Gasthaus mit Tanzsaal umgebaut. Nach dem Tod von Jacob Abel (06.12. 1849) ging seine Witwe Kunigunde eine neue Ehe mit Jakob Glaser ein. Dieser Name ist bis zum heutigen Tag aufs engste mit dem ehemaligen Gasthaus verknüpft. Im Volksmund hieß es: „Wir gehen zu Glasersch“ oder „Die Versammlung findet in Glasersch“ statt.
Am 05. März 1887 wurde das Anwesen für 11 000 Mark den Eheleuten Johann und Barbara Würtz, geb. Abel überschrieben. Erst jetzt wurde das Gasthaus mit Tanzsaal, neben dem Altbau und näher zur Straße plaziert, angebaut. Wenig später bewarb sich Johann Würtz zum Postdienst. In der Urkunde vom 25. April 1894 heißt es: “Im Namen Seiner Majestät des Königs. Dem Gastwirt Johann Würtz zu Rohrbach bei St. Ingbert wird in Folge der von der unterfertigten Stelle unterm heutigen vollzogenen Ratifikation des wegen Übertragung des Postexpeditionsdienstes zu Rohrbach bei St. Ingbert vom 01. Juni 1894 ab von Seite des kgl. Oberpostamtes Speyer mit demselben abgeschlossenen Dienstvertrages vom 08. April 1894 in seiner Eigenschaft als kgl. Postexpeditor gegenwärtige Legitimation zugefertigt“.

Aus dem Dienstvertrag geht hervor, dass Johann Würtz für seinen Dienst als kgl. Postexpeditor ein „ständiges“ Gehalt von 402 Mark und ein unständiges Gehalt von 60 Mark erhielt. Davon musste er aber 10% an den Unterstützungsfond der kgl. bayerischen Posten und Telegraphen entrichten. Bevor er aber die Dienste eines Postexpeditores versehen durfte, musste er 1000 Mark in bayerischen Staatspapieren als Kaution an die königliche Postbezirkskasse zahlen.
Am 12. April fand die Verpflichtung durch den oberpostamtlichen „Commissär“ statt und anschließend musste Herr Würtz ein Praktikum im Postdienst in St. Ingbert absolvieren. Bis 1904 war die Rohrbacher Post im Nebengebäude des Gasthauses untergebracht.

In der Arbeitslosenzeit kam im Frühjahr 1932 die Schuhfabrik „Cleo“ aus Bischweiler in Lothringen nach Rohrbach und errichtete im Saal zur Post eine Teilfertigungsfabrik für Opankenschuhe ein. Opanken war ein Modeschuh und stammt vom Balkan. Es waren leichte Schuhe, deren Oberteil aus kleinen Riemen geflochten waren. Täglich wurden im Saal Leute angelernt und bekamen dann Schuhteile mit nach Hause. In Heimarbeit wurden dann die Brandsohle und innere Sohle an den oberen Schuhteil angenäht. Die Heimarbeiter wurden nach Stückzahl und Sauberkeit der Arbeit bezahlt. Im Hauptwerk in Bischweiler wurden die Schuhe dann fertiggestellt. Im Sommer 1934 wurde die Produktion in Rohrbach eingestellt.

Im gleichen Jahr errichtete Karl Würtz, nachdem er am 10. Juli 1933 das väterliche Haus übernommen hatte, eine Tankstelle vor dem Haus. Diese wurde am 28. November 1944 vormittags von einem deutschen Panzer umgefahren. Aus verkehrstechnischen Gründen wurde sie später nicht mehr aufgebaut.





Turbulent ging es im Gasthaus vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg zu. Während der Westwallzeit wurde der Tanzsaal für die Arbeiter als Wohn- und Schlafsaal umfunktioniert und während des Krieges als Zwischenquartier für die evakuierte Bevölkerung genutzt. Hier konnten sie sich ausruhen bis sie ihren Marsch fortsetzen mussten. Da jedermann seine Habseligkeiten mit sich trug, war der Raum sehr eng und entsprechend unbequem.
Als 1944 der Rückzug aus Frankreich begann wurde das Gasthaus Tag und Nacht von fremden Menschen bevölkert.
Nach Kriegsende übernachteten täglich Rückwanderer in der Gaststätte, da zur Sperrstunde niemand mehr auf die Straße durfte.
Bis 1947 betrieben die Eigentümer des Anwesens Ackerbau. Erst dann, bedingt durch die industrielle Entwicklung des Ortes und die Kargheit des Rohrbacher Bodens wurde die Landwirtschaft eingestellt. Bei der Erneuerung der Kaiserstraße 1962 wurde der Eingang zum Gasthaus, der bisher an der Straßenfront war, auf die Seite verlegt.
Der Saal war bis zur Eröffnung der TG Turnhalle 1956 der größte Veranstaltungsort in Rohrbach. Hier fanden die meisten Tanz- und Fastnachtsveranstaltungen Rohrbachs statt.


Dann war das fast ein ganzes Jahr von französischem Besatzungsmilitär vereinnahmt. aber auch diese schlimme Zeit ging vorbei. Als alle Schäden am und im Haus beseitigt waren, wurde 1950 der Saal durch den Anbau einer Bühne erweitert. Ebenfalls wurden neue Toilettenanlagen angebaut. So begann langsam im Laufe der Jahre wieder das kulturelle und gesellschaftliche Leben im Gasthaus Zur Post.
Ab 1952 lud die Gemeinde Rohrbach alljährlich die betagten Einwohner zum damaligen Tag der Alten (heute Seniorentag) ein.








Dieser Artikel entstand mit freundlicher Unterstützung der Rohrbacher Heimatfreunde, Karl Gebhardt, Doris Abel, Ruth und Günter Weiland, Rosemarie und Josef Wagner, Dr. Wolfgang Gschwendtner, Michael Wagner und Horst Diehl.
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